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Fliegenfischen Tour am Rio Petrohué

Der erste kühle Wind schob sich in der Dämmerung als Vorbote der Nacht durch das Tal, als wir beschlossen, die Dieselpumpe unseres Pickup´s zu wechseln. Wir parkten am Straßenrand und rüttelten im Innenleben der Kühlerhaube, als wollten wir einem alten Mann den letzten Zahn ziehen.

Als die ersten funkelnden Sterne am Himmel erschienen, sprang der Wagen unter Protest wieder an und wir fuhren mit offenen Fenstern in die Nacht, die uns nach einer Weile mit dem Anblick der sich im Mond spiegelnden Wellen des Rio Petrohué belohnte. Wir schlugen unser Lager am Ufer auf, sammelten Feuerholz und krönten den Abend mit gegrilltem Fleisch und einer Flasche Whisky.

Welt der Vulkane

Am nächsten Morgen wurde ich von herüberwehenden Rauchwolken geweckt, als sich einer unserer Jungs daran machte, ein Feuer aus der Restglut zu entfachen, um seinen ersten Kaffee zu brühen. Das Quellwasser des Lago Santo floss stetig in einem klaren ginfarbenen Grünblau dahin und die gelbliche Verfärbung der Laubbäume kündigte die baldige Ankunft des Herbstes an. Die ersten warmen Sonnenstrahlen überstiegen die Wipfel und spielten auf dem Wasser. Wir befanden uns am Eingang der Welt der Vulkane, Flüsse, Wälder und Berge und im Hintergrund thronte der weiße Gipfel des Osornos wie ein ständiger Begleiter.

Nachdem wir in Ruhe gefrühstückt hatten, steckten wir unsere Ruten zusammen und erkundeten das steinige Flussbett der Umgebung. Ich ließ eine olivgrüne Pankorafliege entlang der Strömungskante driften und schon nach einer handvoll Würfen sprang die erste Bachforelle kunstvoll in die noch dampfende Morgenluft. Dieser Tag würde perfekt werden!

Wir beschlossen, dem Unterlauf stromaufwärts zu folgen, füllten unsere Rucksäcke mit Proviant und stiefelten erwartungsvoll durch das Unterholz des dicht bewachsenen Flussdeltas. Wir fischten sprudelnde Rieselstrecken und geheimnisvolle Pools ab, doch alles blieb ruhig. Nach einer kleinen Pause, in der wir den Ausblick auf die bewaldeten Berge und das Rauschen des Wassers genossen, platzierte ich einen großen Streamer in den Schatten der von Gebüschen gesäumten Uferzone, die eine tief ausgespülte Rinne und somit ideale Bedingungen für größere Fische versprach.

Verfolgungsjagd im Fluss

Was sich plötzlich anfühlte wie ein Felsen der Größe eines Hinkelsteins und sich im nächsten Moment in die pulsierende Kraft eines Fisches verwandelte, den ich mir nicht vorzustellen wagte, entlud sich in einer explosiven Flucht, die bereits die Hälfte meines backings einforderte, ehe ich imstande war, zu reagieren. Von nun an begann eine neue Dimension aus Zeit und Raum, in der ich mich im hüfttiefen Wasser an dornigen Büschen vorbeikämpfte, versuchte Felsen auszuweichen und der Strömungen so gut wie möglich standzuhalten. Das Herz schlug mir bis zum Hals, aber ich wollte diesen Fisch um jeden Preis sehen. Auf einer Schotterbank gewann ich mein backing mit Mühe Stück für Stück zurück.

Die Wasseroberfläche gab dem Kampf des Fisches erstmalig nach und offenbarte den imposanten Rücken des Königslachses, der mit einigen kräftigen Schlägen in Richtung Grund verschwand. Dieses Spiel wiederholte sich mehrere Male, ehe es mir gelang, ihn in unsere Reichweite zu holen, wo er sich nun in voller Größe präsentierte und seine Ehrenrunden im seichten Wasser der Bucht drehte. Ich erklomm die Böschung mit zitternden Knien und versuchte, ihn in die Arme meiner Jungs zu navigieren, die sich ins Zeug legten, als müssten sie einen wilden Mustang in freier Wildbahn bändigen.

Als wir den Königslachs schließlich mit entschlossenem Griff an der Schwanzflosse aus dem Wasser hoben, waren wir überwältigt von diesem majestätischen Fisch, dem einzigartigen Moment und der unfassbaren Freude, die uns für immer verbinden würde.

Vielleicht war das der Fisch unseres Lebens…aber wer weiß das schon!

Text & Fotos: Tobias Cordes

Tobias Cordes

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