Die Wellen funkeln verheißungsvoll zwischen den Stämmen des Buchenwaldes, als wir den glasklaren See im Morgengrauen erreichen. Nebelschwaden stehen über der Bucht und die Sonne schimmert matt wie in einem Milchglas. Dumpf und hohl klingen unsere Schritte auf dem Steg, als wir die mit Tau überzogenen Boote beladen und mit Rudern bestücken. Kein Geräusch ist zu hören. Selbst der kleinste Handgriff erzeugt ein Echo, dass aus dem Wald zurückhallt. Hin und wieder blitzt die Flanke eines Brutfisches unter den Booten silbern hervor. Die Schwärme suchen Schutz im seichten Wasser des Schilfgürtels - und dort sind sie garantiert nicht allein!
Es ist Anfang Juni, die Hechte haben vor ungefähr vier Wochen gelaicht und ernähren sich nun hauptsächlich von Barschen, die auch ins flachere Wasser ziehen, um für ihren Nachwuchs zu sorgen. Unser Ziel ist es, die Räuber in den Grasfeldern und an den Kanten zu überlisten.
Mit Glück lassen sie sich auch im Freiwasser fangen, wo sie den Maränenschwärmen bis in grosse Tiefe folgen, doch einfacher ist es, die Hechte im Flachwasser zu fangen.
Wir stecken unsere #8 Ruten zusammen und entscheiden uns zunächst für eine hover/ intermediate Schnur. Als Vorfach setzen wir auf Fluorocarbon, Stärke 0,60mm, das wir mit einem knotbaren Stahlvorfach, rund 40-50 cm lang, verbinden.
Dann durchschneiden die ersten Ruderschläge die Wasseroberfläche und führen uns entlang einer dicht bewaldeten Landzunge.
Einige Bäume sind ins Wasser gestürzt und bilden eine mystische Unterwasserlandschaft aus versunkenen Knüppeln, aber auch ganzen Bäumen mit Algenvorhängen und einem Stillleben aus Wasserpflanzen. Sie sind ideale Unterstände für Hechte und Barsche!
Die Lichtungen der Uferregion erinnern an nordamerikanische und kanadische Landschaften. Mit ein bisschen Fantasie kann man sich hier einen Braunbären vorstellen, der aus dem Wald kommt, um seinen Durst am See zu löschen, ich spüre einen Hauch von British Columbia. Die Stelle scheint perfekt zu sein, der flache Uferbereich fällt hier steil bis auf 6 Meter ab, an der klar sichtbaren Kante wechselt die Wasserfarbe von Smaragdgrün in ein tiefes Flaschengrün.
Wir werfen unsere Streamer bis zur sandigen Flachwasserzone. Ein paar Strips ...Pause ...ein paar Strips ...Pause. So fischen wir die Streamer bis über die Abruchkante. Und ein neuer Wurf.
Ich schaue mich um, genieße die Stille und lasse die Landschaft auf mich wirken. Sie ist unglaublich präsent! Und kein Mensch weit und breit, wir haben den ganzen, kristallklaren Körper eines Gletschersees für uns alleine! Die Stille um uns herum wird nur kurz mit den Wurfgeräuschen der Schnur, die gleichmässig durch die Ringe schießt, zerschnitten, doch trotz der Stille liegt eine Spannung in der Luft. Man weiß nie, ob gleich ein Hecht aus dem Nichts zuschlagen wird ...
Während die Sonne langsam über die Wipfel der Bäume kriecht, lassen wir uns mit der Strömung entlang der Uferzone treiben und verfallen in einen fast tranceähnlichen Zustand. So könnte es Stunden weitergehen, von mir aus sogar Tage.
Es ist mal wieder einer dieser Momente, in denen man glaubt, an Nichts gedacht zu haben, als plötzlich der unverkennbare, dumpfe Biss einschlägt! Sofort durchströmt das Adrenalin in meinen Körper. Mit einem knappen und kontrolliertem „ja“, das ich hinüberrufe, teile ich meinen Biss mit. Der Hecht kann sich mit seinen pumpenden Kopfbewegungen nicht vom Streamer lösen und versucht ins Kraut zu ziehen. Der Haken scheint sicher zu sitzen und ich kann ihn daran hindern, noch tiefer zu gehen. Er ändert die Richtung und versucht, sich mit schnellen, ruckartigen Bewegungen zu befreien.
Schliesslich sehe ich ihn golden-glitzernd wie ein Schatz vom Grund im klaren Wasser des Sees aufsteigen und kann ich ihn sicher im Kescher landen. Ich bin mit mir und der Welt zufrieden, und würde im Traum nicht daran denken, jetzt irgendwo anders zu sein, geschweige denn, etwas anderes zu machen.
Der Tag klart auf, die Temperaturen steigen und ein paar Magnesium-weiße Wolken hängen im Himmel wie Zuckerwatte. Ich setze den Anker und mache mir einen Espresso. Als mir der Geruch von gerösteten Bohnen in die Nase steigt und Kaffee schliesslich gurgelnd in die Kanne sprudelt, mache ich es mir im Bug bequem und schaue in den Himmel. Zwei Seeadler tauchen auf, kreisen vor blauem Hintergrund. Glücklicherweise konnte sich ihr Bestand dieser imposanten Greifvögel in dieser Region durch intensiven Artenschutz weitestgehend erholen. Als die Seeadler schließlich am Horizont verschwinden, wird ich die Kaffeepause beendet und es geht auf in die "Pike Bay".
Unsere selbstgetaufte „Pike Bay“ ist in dieser Jahreszeit der Hotspot des Sees! Mit einer Wassertiefe von 3-5 Metern und riesigen "grünen Teppichen" aus Armleuchteralgen, Bänken und Wällen bietet diese Bucht Einstand für viele Hechte. Besonders in den Nachmittagsstunden lassen sich hier Hechte aus dem Unterwasserdschungel locken. Nimmt ein Hecht die Verfolgung des "Sheep Head", das ist klaren Wasser gut zu beobachten, dann heißt es ruhig bleiben. Oft hilft ein plötzlicher Kurswechsel, um den Hecht zu reizen und es bestehen gute Chancen, den Biss live mitzuerleben. Manchmal kommt die Attacke auch erst kurz unter der Wasseroberfläche, was es nicht weniger spannend macht!
Deutlich sehe ich meinen grünen Streamer aus der Tiefe aufsteigen, als, wie dem Nichts ein dunkler Schatten unter ihm auftaucht! Da ist sie also, die Situation! Ich beschleunige die Fliege und lasse sie nach einem abrupten Stopp taumeln. Nach einem ruckartigen Strip schlägt der Hecht zu, inhaliert den Sheep Head von der Seite! Es ist ein wahres Erlebnis zu sehen, wie kompromisslos ein Hecht zuschlägt!
Es ist ein guter Hecht, er darf wieder schwimmen und weiter wachsen.
Durch den Rauch, der träge zwischen den Laubbäumen der kleinen Halbinsel aufsteigt, erkenne ich, dass der Grill schon angeheizt wurde. Ich lege an und schildere meinem Kumpel lebhaft, wie es zu den beiden Bissen kam. Die Laune steigt stetig mit der Temperatur des Grills und der Vorfreude auf die Stunden des Nachmittags. Beflügelt durch den Blick auf den großen, klaren und geheimnisvollen See inmitten herrlicher Buchenwälder öffnen wir ein Bier und machen Pläne für die nächsten Reisen, amüsieren uns über die Geschichten alter Unternehmungen. Zum Beispiel als wir nach Sardinien reisten, um Wolfsbarsche zu fangen und dabei vom Sturm fast von den Klippen gefegt wurden. Oder als wir dazu hinreißen ließen, während eines Schneesturms in Dänemark auf Meerforellen zu fischen und dabei fast zu Eis erstarrt wären.
Durch den Rauch, der träge zwischen den Laubbäumen der kleinen Halbinsel aufsteigt, erkenne ich, dass der Grill schon angeheizt wurde. Ich lege an und schildere meinem Kumpel lebhaft, wie es zu den beiden Bissen kam. Die Laune steigt stetig mit der Temperatur des Grills und der Vorfreude auf die Stunden des Nachmittags. Beflügelt durch den Blick auf den großen, klaren und geheimnisvollen See inmitten herrlicher Buchenwälder öffnen wir ein Bier und machen Pläne für die nächsten Reisen, amüsieren uns über die Geschichten alter Unternehmungen. Zum Beispiel als wir nach Sardinien reisten, um Wolfsbarsche zu fangen und dabei vom Sturm fast von den Klippen gefegt wurden. Oder als wir dazu hinreißen ließen, während eines Schneesturms in Dänemark auf Meerforellen zu fischen und dabei fast zu Eis erstarrt wären.
Dies sind die Momente, in denen man wirklich merkt „zu leben“. Und zu denen zählen auch die, in denen man unter freien Himmel herzhaft in das krosse Brot seines frisch gegrillten Köftes hineinbeißt!
Wir haben den letzten Bissen gerade heruntergeschluckt, da hören wir ein lautes Platschen, das direkt vom Ufer kommt - das war ein Hecht!
Kurzer Blick, schon verstauen wir in Windeseile Grill, Tassen und Besteck in unsere Aluminiumkisten und in die Boote, wenige Minuten später ziehen unsere Streamer wieder über die Krautbänke.
Mitten im Wurf höre ich Gerd aus dem anderen Boot rufen:„Ich habe einen! Und ich glaube, der ist echt gross!“ Ich lege mich in die Riemen, schneller denn je, schau dabei über die Schulter. Gerd steht im Boot, seine Rute biegt sich bis zum Griff!
Dann bin ich bei ihm, stoppe das Ruderboot in sicherer Entfernung. Gerds Fliegenschnur durchschneidet die Wasseroberfläche wie eine Stichsäge. „Ich schätze er will ins Kraut.“
Unbeirrt zieht der Hecht weiter, bestimmt die Richtung und es dauert eine ganze Weile, bis er zum ersten Mal zu erkennen ist: Ein schöner Fisch, den man unter keinen Umständen verlieren möchte!
Brenzlich wird es, als der Hecht versucht, unter das Boot zu kommen, was Gerd zum Glück im letzten Moment verhindern werden kann. Dann gelingt es uns, ihn zu landen und wir bestaunen einen wunderbar gefärbten Hecht der 80+ Klasse. Es hat sich wie immer gelohnt zu warten und an das Gute zu glauben!
Nachdem wir den Hecht wieder ins glasklare Wasser entlassen, rudern wir entlang des Westufers. Langsam bricht die Dämmerung herein. Es ist jetzt absolut windstill und der See liegt glatt wie ein Spiegel vor uns. Die Sonne senkt sich und taucht den Himmel in ein leichtes Orange. Unser Gletschersee hat uns mal wieder nicht im Stich gelassen und auch auf unsere „Sheep heads“ war wie immer Verlass.
Veröffentlichung im FliegenFischen Magazin:
https://www.blinker.de/magazine/fliegenfischen/
Fotos: Tobias Cordes, Phillip Noss
Tobias Cordes ist Bassist der Berliner Band Seeed, Mitbegründer des Labels Ferox Featherworks und Fly Fishing Guide Berlin. Er fährt seit über 10 Jahren in seine zweite Heimat chilenisch Patagonien zum Fliegenfischen und gibt gerne seine Erfahrungen als Guide in Deutschland, Dänemark und Chile weiter.
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